Isla del’ Encanto

Von St. Thomas, US Virgin Island nach Culebra, Puerto Rico, sind es 20 Meilen. Vor guten 4 bis 5 Beaufort aus SE schaukeln wir hinüber zu den “Spanish Virgins”, dem Teil dieser Inseln, die noch von der alten Spanischen Kolonialtradition geprägt sind, obwohl sie jetzt auch politisch zu den Vereinigten Staaten gehören.
Im Licht des späten Nachmittags runden wir das Arrecife Culebrita und laufen in die Ensenada Honda ein. Die Bucht ist auf drei Seiten von der Insel umschlossen und nach Süden hervorragend durch ein Korallenriff geschützt. Wenige hundert Meter vor dem Town Dock fällt unser bewährter Spade ins etwas trübe Wasser. Dann
kehrt nach dem Geschaukel auf dem immer noch beachtlichen nördlichen Schwell vollkommene Ruhe ein. Der Wind aus SE kräuselt ein wenig das Wasser, am Ufer reiht sich ein buntes Häuschen mit Anleger an das nächste und über einen kleinen Kanal spannt sich eine altertümliche Hebebrücke. Ausser uns liegt noch ein Franzose, ein Däne und ein Norweger hier. Alles andere sind “Locals”, welch ein Kontrast zum geschäftigen Charlotte Amalie und zu den Ankerbuchten auf den östlicheren Inseln. Ausserdem ist hier kaum etwas von den Hurricane-Schäden zu sehen. Das ist wohltuend nach Wochen Katastrophen-Kulisse.

Isla del´Encanto

Die Crew will sofort an Land, aber der Skipper ist ausgepowert nach einem langen heißen Tag und leistet passiven Widerstand indem er sich mit einem kühlen Bier im Cockpit verschanzt. Der Landgang muss also bis zum nächsten Tag warten. Langsam senkt sich der Abend und die Nacht über die Ensenada Honda und lässt eine zauberhafte Kulisse entstehen überspannt von einem wundervollen Sternenhimmel. Das ist ein passender Einstand für die Isla del´Encanto, die verzauberte Insel, wie es hier auf jedem Nummerschild heißt.

Am nächsten Morgen steht wieder Einklarieren auf dem Programm. Zwar gehören sowohl St. Thomas als auch Culebra zu den USA, aber uns wurde schon in Charlotte Amalie erklärt, dass wir zwar jetzt in die USA eingereist seien, unseren “Cruising Permit” für die Vereinigten Staaten bekämen wir aber erst in Puerto Rico. Auf Culebra muss man das am Flughafen erledigen, der etwa zwei Kilometer vom Town Dock entfernt ist. Wir wandern an der Hauptstraße entlang und werden freundlich von den Vorbeifahrenden gegrüßt. Der Flughafen ist zwar winzig hat aber ein großes Büro der Homeland Security. Der Officer ist zunächst genervt weil wir uns nicht schon am Abend telefonisch gemeldet hatten, wird dann aber zunehmend freundlicher und nach etwa einer halben Stunde Papierkrieg erteilt er der Zora ein Crusing Permit, das für ein Jahr gültig ist, entschuldigt sich aber dafür, dass er 35 Dollar kassieren muss. “It´s for the boss. He needs the money. He is crazy! But he is the boss.” Er zeigt dabei auf Donald Trump an der Wand, der mit bekannt grimmigem Blick aus seinem Bilderrahmen auf uns herunter schaut.

Mit diesem wertvollen Dokument im Gepäck und somit voll und ganz im Land der unbegrenzten Möglichkeiten legitimiert wandern wir wieder zurück in den Ort auf der Suche nach einem Frühstück. Leider finden wir das im “Pavlidis” angepriesene Cafe Rosita nicht und nehmen mit einer ziemlich schäbigen Bude vorlieb, in die der Hunger uns hineintreibt. Leider treibt uns der Ekel kurz darauf wieder heraus, denn in einem unserer Pancakes findet sich eine Fliege. Dieser Schreck ist rasch vergessen, nachdem wir einmal auf die Westseite der Insel gewandert sind, wo wir eine traumhafte kleine Bucht mit Sandstrand und Korallenriff vorfinden. Hinter dem Riff hat das Wasser beinahe Badewannentemperatur. Wir sitzen einfach nur im warmen Wasser und lassen den Tag verstreichen. Der klingt aus in “Mamacita´s” direkt am kleinen Kanal, wo es köstlichen Fisch zu essen gibt und riesige Fische zu bestaunen, die im Schein der Lampen direkt vor der Terasse am kleinen Kanal herumschwimmen.

Chillen am Strand von Culebra

Am nächsten Morgen gibt es lange Diskussionen an Bord über die weitere Route. Am bevorstehenden Wochenende soll der Wind mal wieder ordentlich zulegen und der Skipper denkt, dass die Crew dann vielleicht nicht segeln will. Er möchte gerne nach Viequez und dort das Wochenende verbringen. Viequez ist die zweite große Insel der Spanish Virgins, wo es eine Bucht mit Meeresleuchten geben soll. Die Crew will das nicht, denn um nach Viequez zu gelangen müssen wir gegen den SE ankreuzen und ausserdem ein Gebiet der Navy queren. Über dieses haben wir widersprüchliche Infos. Wir haben drei unterschiedliche Karten an Bord, zwei elektronische und eine aus Papier. In jeder dieser Karten ist etwas anderes vermerkt! Das Buch von Pavlidis als vierte Quelle ignoriert das Problem völlig. Schließlich einigen wir uns darauf direkt zur Hauptinsel Puerto Rico weiter zu segeln und dort in der Marina Puerto del Rey nach Wochen mal wieder ordentlich zu duschen! Wenige Stunden später sind wir dort fest zwischen einer Unzahl riesiger Motoryachten und werden von einem kleinen Golfcart zum Büro gefahren damit wir die wenigen hundert Meter nicht zu Fuß gehen müssen.

In PDR, wie hier alle die Marina nennen, gibt´s für uns WWW, was nicht für World-Wide Web sondern für Warm Water und Wireless steht, daneben Wäschewaschen und ein Auto mieten. Mit dem geht´s dann am nächsten Tag in die Hauptstadt nach San Juan. Das Buch über Puerto Rico hat nicht zuviel versprochen: San Juan ist eine Offenbarung und steht hinter kaum einer südeuropäischen Hafenstadt zurück: Die Stadt ist auf einer Felsinsel errichtet, die einem großartigen Naturhafen vorgelagert ist. Spanien hat von hier aus 300 Jahre lang seine Mittel- und Südamerikanischen Kolonien geschützt und versorgt. Entsprechend wurde die Insel befestigt und gegen Franzosen, Briten, Niederländer und Dänen verteidigt. Ende des 19. Jahrhunderts war dann Spanien nicht mehr in der Lage sich gegen die aufstrebenden Vereinigten Staaten zu behaupten und verlor Puerto Rico im Spanish-American War. Die riesigen Festungsanlagen San Felipe del Morro und Castillo San Cristobal sowie die alten Stadtmauern sind vollständig erhalten geblieben.

Blick auf “El Morro”, St. Juan

Die US Navy hat sie sogar noch einmal im 2. Weltkrieg genutzt um sich gegen eine eventuelle Invasion durch deutsche U Boote zu rüsten. Hinter diesen Mauern findet sich eine wunderschön renovierte Stadt mit bunten Häusern, engen Gassen, eindrucksvollen Palästen und voller lateinamerikanischer Lebensart. Vor den Mauern brandet der Atlantik mächtig gegen die Felsen. Wir wandern voll Staunen durch dieses UNESCO Weltkulturerbe.

Gasse in Old San Juan

Am Abend machen wir uns beeindruckt und bezaubert wieder auf den Rückweg in die Marina. Aus dieser Bezauberung holt uns allerdings auf der Autobahn ein Schlagloch von wahrhaft riesenhaften Ausmaßen, das in der beginnenden Dämmerung nicht mehr zu vermeiden war. Vom Knall zu urteilen müsste eigentlich die Radaufhängung in Stücke gerissen worden sein, aber oh Wunder Japanischer Technik, wir können bei der späteren Inspektion keinen sichtbaren Schaden erkennen. Der Autovermieter meint später: Yeah, Puerto Rico is famous for its potholes…

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