Dominica

 

In der Nachmittagshitze ist die Crew der Zora hinauf zum Fort Napoleon gewandert. (So etwas tun nur Deutsche. Alle anderen düsen mit knatternden Scootern oder elektrischen Golfcarts die steile Straße hinauf zu diesem wunderschönen Aussichtspunkt) Aber der Blick von diesem strategischen Aussichtspunkt auf den Isles des Saintes lohnt die Mühe und ist atemberaubend. Im Norden erscheint Guadeloupe zum Greifen nahe, der Vulkan La Souffriere in Wolken gehüllt, im Süden erscheinen die Umrisse von Dominica, etwas bedrohlich wie ein gestrandeter Wal.

Vor Anker in den Isles des Saintes mit Blick auf den “Pain de Sucre”

Von dort war Zora am Vortag zum kleinen Archipel der Isles des Saintes gesegelt, nachdem sie in Prince Rupert Bay einen Tag geankert hatte, damit die Crew die Insel erkunden konnte. Das war eine besondere Erfahrung über die hier berichtet werden muss:
Die Geschichte beginnt im September des Vorjahres, denn am 19. Tag dieses Monats in der Nacht hatte der Wirbelsturm Maria, ein Hurricane der Kategorie 5, die Insel überrollt und unvorstellbare Schäden angerichtet. Der Skipper hatte damals die Wetterentwicklung verfolgt, aus Neugier und als Vorbereitung auf die anstehende Atlantiküberquerung. In den Nachrichten und im Internet gab es Bilder und Berichte, die aus der Ferne kaum einzuordnen sind. Die Familie von Reibnitz, die Dominica von vielen Reisen mit der “Peter von Seestermühe” kennt, hatte damals einen Hilfscontainer organisiert und Freunde bzw. Bekannte um Beiträge gebeten, die die Crew der Zora gerne geliefert hat.
Nun aber können wir aus einem Abstand von etwas 3 Meilen die Situation mit eigenen Augen betrachten. Die steilen mächtigen Berghänge wirken nicht satt grün, wie etwas auf Martinique. Vielerorts ist gar keine Vegetation mehr zu sehen und das Grün wird merkwürdig dürftig und blass. Viel schlimmer aber sehen Häuser und Infrastruktur aus. Kaum ein Haus, das, selbst jetzt 5 Monate nach dem Sturm, unbeschädigt erscheint. Am Ufer dann die traurigen Reste von Palmstämmen, die auf halber Höhe abrasiert erscheinen.
Auf Martinique und St. Lucia hatte man uns erzählt, dass einzig ganz im Norden der Insel, in Prince Rupert Bay, die Infrastruktur wieder so weit hergestellt sei, dass dort Bootstourismus möglich wäre. Aber wir hatten auch gehört, dass aufgrund der Katastrophe die Sicherheitslage schwierig sei. Auf gut Deutsch, dass man mit Diebstahl oder gar Raub rechnen müsse. Mit gemischten Gefühlen segelt also die Crew unter der Küste Dominicas nach Norden und erreicht etwas spät Prince Rupert Bay. Die Strecke von St. Pierre sind immerhin etwas über 50 Meilen.
Schon weit vor der Ankerbucht wird die Zora von einem Fischerboot abgefangen, allerdings mit einem sehr freundlichen “Welcome to Dominica”. Wir werden gefragt nach dem woher und wohin. Ausserdem bietet uns Avin von der PAYS (Portsmouth Associated Yachting Services) Hilfe vor Ort an. Diese nimmt der Skipper gerne an, denn es wird dunkel und ein Lotse in die Ankerbucht bei Dunkelheit können wir gut gebrauchen. Natürlich verbleibt zunächst ein gewisses Misstrauen, das aber rasch schwindet, nachdem uns Avin freundlich und kompetent zum Ankerplatz lotst, sich dann höflich verabschiedet und ankündigt, er werde am Morgen wiederkommen und schauen, was er für uns tun könne.
Am nächsten Tag bringt uns Avin zum Einklarieren, hilft mit den Formalitäten, macht die “Indian River Tour” mit uns, empfiehlt ein gutes Restaurant für den Abend, bringt uns dorthin und fährt die Crew zum Schluß auch wieder zurück und das alles für einen völlig angemessenen Preis. Darüber hinaus berichtet er vom Hurricane, von seiner Insel, seinen Plänen und vieles mehr. Wir fühlen uns in jeder Hinsicht wohl und gut versorgt und genießen den Luxus, den uns unser privater Guide bereitet.

Mit Avin unterwegs in den Indian River

Trotzdem bleiben wir nur einen Tag auf dieser gastfreundlichen Insel. Bei aller Gastfreundschaft sind die Möglichkeiten für einen Inselbesuch immer noch stark eingeschränkt. Als dann die Wettersituation ein günstiges Fenster öffnet für die Überfahrt zu den Isles des Saintes, ist die Entscheidung schnell getroffen und die Ankerkette rumpelt über die Winsch in den Kettenkasten. Nur wenige Stunden später liegen wir an einer Boje im kleinen Archipel des “Saintes”. Welch anderes Bild bietet sich hier. Zwar sind auch auf den Isles des Saintes, 20 Meilen nördlich von Dominica ein paar Auswirkungen von Maria zu sehen, aber was immer zerstört war ist aufgeräumt und es herrscht eine gepflegte Idylle. Im Schutz der kleine Isle Cabrit staunen wir über die Jagdkünste der Pelikane, die mit kühnen Sturzflügen ihre Abendmahlzeit aus dem Meer holen.

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