Vive la France

Die Kleinen Antillen liegen in der Form eines Halbmondes vor dem Karibischen Meer. Ganz im Osten, etwa 80 Meilen diesem Halbmond vorgelagert, befindet sich Barbados. Von den übrigen Inseln ist  Martinique  die östlichste. Der Passatwind weht beständig mit 15 bis 25 Knoten aus NE und pendelt dabei um die 30 Grad hin und her. Zwischen den Inseln kann es durchaus zu Bedingungen kommen, die man im Englischen als “boisterous” bezeichnet, im Deutschen etwas weniger poetisch hieße das dann ruppig.

Der Rückweg von St. Lucia nach Martinique bedeutet also einen Am-Wind-Kurs, insbesondere, da die Zora an die Südspitze der Insel will, nach St. Anne, von dem Jakob geschwärmt hatte. Die Bedingungen sind günstig. Das sehr detaillierte französische Wettermodell sagt 15 – 20 Knoten voraus. Mit einem Reff im Groß nimmt die Zora die 20 Meilen nach Martinique in Angriff. Die Crew findet das anfangs ganz akzeptabel, zieht dann aber doch vor mit dem Ipod im Ohr auf dem Fußboden im Salon abzuwettern. Der Skipper hängt die verlässliche Windpilot ein und setzt sich auf die hohe Kante um das Segeln zu genießen.

Eine große Ketsch, die parallel mitläuft, findet die Bedingungen wohl zu “boisterous”  und dreht nach drei Meilen wieder um. Zahllose Charterkats kommen mit Minimalbesegelung entgegen. Aber Zora liebt diese Bedingungen. Eigentlich könnte sie auch noch mehr Segel vertragen, aber mit Rücksicht auf die Crew bleibt das Reff im Groß und das Stagsegel in der Last.  So klettert unser schwerer Kutter mit 7 Knoten mühelos über den heranrollenden Atlantikschwell, der etwa 2m hoch ist, aber wohl gemerkt, signifikante Wellenhöhe. Einzelne Wellen sind dann bis zu zweimal höher.  Das bemerkt der Skipper beim Besuch der Toilette im Vorschiff: Das Luk war nicht fest verschraubt und von oben tropft es auf die Koje… Raumschotssegeln macht nachlässig!

Schon am frühen Nachmittag erreicht wir so Martinique und gehen vor dem kleinen Ort St. Anne vor Anker. Hier wird dicht an dicht geankert: Gesa meint der ganze Wedeler Yachthafen sei vor Anker gegangen. Kein Wunder: Hier gibt’s Baguettes an Land, köstlichen frischen Fisch, keine Boat Boys, Euros, EU-Roaming. Sozusagen Europa unter Palmen. Vive la France!

Abendstimmung auf der Reede von St. Anne

Einziger Vermouth-Tropfen: der bis ins gigantomanisch gesteigerte Chartertourismus. Fast alle Schiffe sind 40 – 60 Fuß große Kats mit 8 – 10 Personen an Bord. Die ankern hier alles zu und nehmen dabei mächtig Platz weg. Dazwischen einige wenige Schiffe, die auf eigenem Kiel hierher gelangt sind. So z. B. die Acapulco mit MSC und SCU Stander unter der Saling. Deren Crew besucht uns schwimmend und wir trinken sehr nett einen Espresso im Cockpit.

Vor Anker vor St. Anne

Am Folgetag fährt die Zora zum Einkaufen in die Marina von Le Marin. Bis wir unseren bereits reservierten Platz zugewiesen bekommen, drehen wir 2 Stunden Runden um dann neben einer 60 Fuß Oyster festzumachen. Deren (bezahlte) Crew berichtet am Abend vom Leben mit zahlenden Gästen, abwesenden Eignern. Wir machen Großeinkauf, zerlegen den Ölkühler, der offensichtlich zugesetzt war (Maschine heiß) und hauen dann so schnell wie möglich wieder ab nach St. Anne, wo man ruhig liegt, wo in der Nacht ein kühler Wind durchs Boot streicht und am Land freundliche Franzosen köstliche Baguettes verkaufen.

Das Kirchlein von St. Anne

 

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