Motorenkunde auf Dominikanisch

Am 7. April besteigen Ada und Gesa in La Romana an der Südküste der Republica Dominicana die Aida Luna um in 19 Tagen nach Kiel zu reisen. Vorher ist noch ein freier Tag in Samaná. Ada wünscht sich einen Segelausflug auf die Südseite der Bahia Samaná zum Nationalpark Los Haitises. Am Vormittag geht´s bei Windstille und unter Maschine über die Bucht, wo wir in der Bahia de San Lorenzo vor Anker gehen. Die Bucht bietet noch eine Steigerung der Schönheiten, die wir hier schon gesehen haben.

Mangroven in Las Haitises

Zuckerhut-förmige Buckel, dicht dunkelgrün bewachsen, steigen steil aus dem Wasser. Zwischen den Buckeln ist die Wasserkante tief eingeschnitten und von Mangroven gesäumt. Mit dem Schlauchboot erkunden wir diese wunderbare Landschaft und landen schließlich bei der Ranger Station, wo man uns einlädt eine der Höhlen zu besuchen.

Unser Führer erklärt uns die Taino Petroglyphen

Wir sehen eine Wunderwelt mit Fledermäusen, Termiten und Seeschwalben, die halsbrecherisch ein und ausfliegen. Die Taino, die vor der Ankunft der Europäer hier lebten, haben diese Höhlen intensiv genutzt und mit Zeichnungen und Skulpturen, sogenannten Petroglyphen geschmückt.

Ausflug mit Ada in den Nationalpark Los Haitises

Leider geht die Zeit allzu rasch vorüber und wir müssen die Einladung zum Besuch der Mangroven ausschlagen. Es sind noch 10 Meilen gegen den Wind zurück in die Marina und am nächsten Tag wartet die Aida Luna in La Romana. Wieder an Bord machen wir das Schiff klar zum Segeltörn über die Bucht, denn es hat über Tags mächtig aufgebrist. Die Bucht von Samaná mit ihren hohen Ufern wirkt wie eine gigantische Düse, wenn die Sonne über dem Innern von Hispaniola die Luft in Bewegung setzt. Wir hoffen also auf einen kleinen sportlichen Abschiedstörn.

Zora vor Anker in der Bahia de San Lorenzo

Bedauerlicherweise wird unser Vergnügen von einem Problem mit unserem grünen Schweden an Bord gestört. Beim Ankermanöver läuft die Maschine im Leerlauf als auf einen Schlag entsetzliche Geräusche einsetzen. Gesa ist im Cockpit und stellt die Maschine sofort ab. Der Skipper startet noch einmal und hört sich das Spektakel an. Es klingt nach einem schwerem mechanischen Problem. Immerhin ist Wind auf der Bucht, so dass wir gut zurück segeln können. Aber der Spaß am Abschiedstörn ist dahin. So segeln wir nervös zurück und bekommen immerhin noch einen günstigen Winddreher unter der nördlichen Küste. Vor der Hafeneinfahrt der Marina nehmen wir das Groß weg und schleichen nur mit Klüver durch die Hafeneinfahrt. Mit Restschwung kommen wir bis ans Fuel Dock, wo wir erst einmal festmachen. Später helfen uns freundliche Australier mit ihrem stark motorisierten Dinghi die Zora an ihren Liegeplatz zu schleppen. Kaum ist das Schiff fest, reicht uns einer der Helfer in der Marina sein Handy: “I heard you have an engine problem. I will come tomorrow at 7 to have a look at it”, tönt es aus dem Lautsprecher. Wir fühlen uns überrumpelt aber in der aktuellen Situation wollen wir das Angebot auch nicht ausschlagen. Wenigstens gelingt es dem Skipper den Helfer davon zu überzeugen erst um 8 zu kommen.

Am nächsten Morgen, während Gesa und Ada ihre Rucksäcke packen, steht tatsächlich Luis pünktlich um 8 vor unserem Schiff und will sich die Maschine ansehen. Der Motor wird noch einmal kurz gestartet aber auf Anweisung von Luis sofort wieder abgestellt. Er spricht von “broken valve, pull off cylinder head, send to Santo Domingo” und davon dass er um 10:00 mit einem Helfer wiederkommen will um den Zylinderkopf auszubauen. Der Skipper ist erleichtert, denn was Luis erzählt erscheint fachkundig und die Sache kommt rasch voran. Denn bei einem solchen Schaden werden Ersatzteile besorgt werden müssen. Der Skipper versucht sich vorzustellen, wie Volvo-Penta Teile in diese ferne Ecke der Dominikanischen Republik gelangen sollen. Wenn das überhaupt funktioniert wird es bestimmt lange dauern. Die gesamte Zeit Planung der folgenden Atlantiküberquerung ist auf einmal in Frage gestellt. Jetzt stehen aber zuerst die Abreise zur Aida Luna und die Autofahrt nach La Romana an.

Der Skipper geht kurz vor der Abfahrt noch einmal ins Büro um sich bei Eduardo, dem Chef der Marina, für das Organisieren der raschen Hilfe zu bedanken. Der weiß von nichts und reagiert besorgt als er den Namen unseres Helfers erfährt. Kurz darauf trifft Luis mit seinem Helfer im Schlepp ein. Es kommt zu einer heftigen Auseinandersetzung zwischen Luis und Eduardo auf Spanisch. Das Ergebnis: Luis muss abziehen und Eduardo erklärt, dass er ihm die Reparatur nicht zutraue. Er habe aber einen sehr guten Mechaniker, den er gleich anrufen werde. Nun streiten sich also die Leute hier, wer unseren Motor reparieren darf… das hilft nicht dabei die Stimmung zu bessern.

Die Fahrt nach La Romana verläuft einfach und glatt. Um 1500 verabschieden wir uns, immerhin für 3 Monate, und der Skipper fährt wieder zurück, denn er möchte gerne vor Anbruch der Dunkelheit wieder an Bord sein. Die Straßen sind selbst bei Helligkeit ausreichend herausfordernd.

Am folgenden Montag steht dann Morito vor dem Schiff und stellt sich vor: Er ist der Lehrling des Mechanikers, den uns Eduardo organisiert hat. Morito hört sich ebenfalls noch einmal unseren Motor an und befiehlt sofort abzustellen. Danach beginnt er sofort mit der Demontage des Zylinderkopfes. Schon beim Öffnen des Ventildeckels ist der Schaden erkennbar: Eine gebrochene Ventilfeder. Nach 4 Stunden harter Arbeit ist der gesamte obere Teil der Maschine zerlegt und der Zylinderkopf ausgebaut. Der Schaden ist erheblich: Eine gebrochene Ventilfeder, das Ventil in den Zylinder gefallen, drei weitere Federn angebrochen und eine Stößelstange verbogen. Ob dieser Motor wohl noch einmal laufen wird? Die Teile bleiben erst einmal an Bord, denn der Meister selber will sich erst einmal am folgenden Tag alles sorgfältig anschauen. Dann verschwindet Morito. Der Skipper nutzt den Rest des Tages um die Vorräte durchzusehen und Einkaufslisten zu schreiben.

Am folgenden Morgen kommt Karela, der Meister, und begutachtet die ausgebauten Teile und den Rest der Maschine. Die gute Nachricht: Auf dem Kolben des betroffenen Zylinders ist zwar der Abdruck des betroffenen Ventils zu sehen, aber Karela meint, Kolben, Kolbenringe und Pleuel seien nicht beschädigt. Selbst das abgestürzte Ventil ist unbeschädigt. Aber der Zylinderkopf muss repariert werden und dazu bedarf es neuer Ventilfedern.

Dealen mit gebrauchten Ventilfedern

Der Zylinderkopf kommt ins Mietauto und Meister und Skipper fahren los. Letzterer hat keine Ahnung wohin die Fahrt gehen soll, denn die Verständigung auf Spanisch ist schwierig. Die Vermutungen schwanken zwischen Santo Domingo, Boca Chica und Nagua, teilweise bis zu 200km entfernt. Aber Karela zeigt an der Ausfahrt der Puerto Bahia erst einmal in die entgegengesetzte Richtung ins Zentrum von Samaná. Schon wenige Kilometer weiter deutet er an den Straßenrand: Wir sollen anhalten. Er steigt aus und verschwindet zwischen zwei Häusern. Wenig später kommt er strahlend wieder mit vier kleinen Ventilfedern. Er wirkt ganz euphorisch, dass es ihm so rasch gelungen ist die ersten fehlenden Teile zu finden. Aber die noch fehlenden vier großen Federn sind nicht so einfach zu bekommen. Wir kurven einen halben Tag durch die Umgebung. Dabei lernt der Skipper Samaná und wie hier gearbeitet und gewirtschaftet wird von einer neuen Seite kennen. Das ist eine spannende Erfahrung. Auf einen Maschinenschaden hätte der Skipper gerne verzichtet, aber die Erlebnisse dieses Tages machen den Ärger fast wett.

Autowerkstatt in Samaná

Schließlich werden wir bei unserer Suche etwas außerhalb auf dem Weg nach Nagua bei einem Teilehändler fündig. Der hat hunderte von Motoren hinter dem Haus liegen und kistenweise Ventilfedern. Die Beute ist zwar oberflächlich angerostet aber die Dimensionen stimmen. Dabei kommen keine Messgeräte zum Einsatz. Karela hält die Federn sorgfältig nebeneinander und prüft die Federkraft, indem er versucht mit der geballten Faust die Feder auf einem Tisch zusammenzudrücken. Der Skipper entrichtet den geforderten Preis, etwa 12 Euro für 4 Federn. Dann fahren wir in die Werkstatt und laden dort den Zylinderkopf aus.

Karela bear arbeitet die Ersatzteile für unsere Maschine

Der soll nun gereinigt, geplant und mit den neuen Feder bestückt werden. Allerdings ist bereits sichtbar, drei Wassergänge durch Korrosion verschlossen sind… Nach der Freude über die erfolgreiche Ersatzteiljagd ist das wieder ein Dämpfer. Vielleicht muß doch noch ein Ersatz für den Zylinderkopf beschafft werden. Die weiteren Wendungen in diesem Motorendrama werden wir demnächst hier erzählen.

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