Westwind

Zora und Crew sind gut über die Anegada Passage von St. Martin zu den British Virgin Islands, oder BVIs, wie alle hier sagen, gelangt. Wind und Welle waren moderat und die Crew hat regulär Wachen gemacht und dem Skipper ordentlichen Schlaf gegönnt. Unterwegs gab es einmal etwas Aufregung weil drei Lichter dicht beieinander auf uns zu kamen, die wir nicht deuten konnten: Zweimal grün und weiß darüber? Vielleicht findet ja ein ausgefuchster DSV Prüfer ein Fahrzeug, das so beleuchtet sein soll. Wir hatten keine Idee, was da unterwegs war und wohin es fuhr. Schließlich löste sich das Rätsel auf als zwei dicht nebeneinander gegenan motorende Segelyachten, die uns im Abstand von ca. 50m passierten. Eine führte kein Dampferlicht und beide hatten kein AIS. Wir hatten versucht die zwei grünen und das eine weiße Licht einem einzigen Fahrzeug zuzuordnen… Hier in der Karibik sind viele Segler ohne AIS Transponder unterwegs. Insbesondere die vielen Charteryachten scheinen nicht damit ausgestattet zu sein. Achja, zum Thema Charteryachten fügt der Schreiber dieser Zeilen mal ein Bild an, das tausend Worte spricht. Titel: Nachschub!

Nachschub: Beobachtet unterwegs von St. Martin zu den BVIs

Auf Virgin Gorda in Spanish Town wird einklariert, wobei neben allerlei Papierkram auch gleich ordentlich Gebühren fällig sind. Wir erfahren also gleich zu Anfang, dass die Virgin Islands ein teures Pflaster sind. Der Gang in den kleinen Ort offenbart uns dann, dass auch hier Hurricane Irma furchtbar gewütet hat. Im Vergleich zu Dominica und St. Martin scheint der Wiederaufbau allerdings noch schleppender voran zu gehen.
Am kommenden Tag besuchen wir “The Bath” an der Südwestspitze von Virgin Gorda, wo man zwischen gigantischen Findlingen herumklettern kann. Die konnte selbst Irma nicht wegschubsen. Leider darf man dort nicht übernachten. Wir verholen in den Gorda Sound ganz im Norden der Insel, wo wir unerklärlicherweise während der Nacht furchtbar durchgeschüttelt werden. Wo die Welle herkommt und wie sie in den Sound gelangt, können wir uns nicht erklären.

Zora vor “The Bath” auf Virgin Gorda

Am 1. März geht´s dann in die Trellis Bay auf der Nordostseite von Tortola. Dort gibt´s eine Vollmondparty, die zu den an Bord anstehenden Geburtstagsfeierlichkeiten gut passt. Außerdem erscheint die Trellis Bay gut geeignet um das außergewöhnliche Wetterphänomen abzuwarten, das uns schon seit ein paar Tagen versprochen worden ist: Westwind in der Karibik im Winter:
Das Studium der Wettermodelle hatte schon seit Tagen angedeutet, was sich über dem Nordatlantik zusammenbraut: Ein gigantisches Tiefdrucksystem mit einem Durchmesser von mehr als 2000 Meilen soll die subtropische Hochdruckbrücke bis auf 13 Grad nach Süden drücken. Diese liegt normalerweise zwischen 20 und 30 Grad. Auf der Nordseite des Hochdruckrückens weht es aus W und auf der Südseite aus E bis NE, Passat eben. Wenn der Hochdruckrücken so weit nach Süden gelangt, dann kommen die Westwinde bis in die Karibik. Und auf der Rückseite des großen Atlantiktiefs wird es NW-liche Winde in Orkanstärke geben, die nördlichen Schwell mit bis zu 6m zu den großen Antillen und den BVIs schicken: Ein Traum für Surfer, aber in den Passagen zwischen den Inseln bei Wassertiefen zwischen 20 und 50m kann das durchaus zu brechenden Wellen führen, die man als Segler nicht erleben will. Noch dazu soll uns eine waschechte Kaltfront überqueren mit Schauerböen von bis zu 30kn. Echtes Norwegenfeeling. Die meisten Ankerplätze auf den Inseln sind bei diesen Bedingungen nicht sicher.
Mit unserem Kurzwellengerät können wir die fundierten und ausführlichen Wetterberichte von Chris Parker auf 8137 kHz empfangen, der von Miami aus einen Wetterservice betreibt. Gegen Bezahlung bekommt man individualiserte Beratung, aber die allgemeinen Wetterberichte sind frei empfangbar. So sind wir bestens informiert auch wenn wir Wettermodelle wegen der irrwitzigen Roaming Kosten auf den BVIs im Handy Netz nicht herunterladen.
Während der Vollmondparty lernen wir Carsten und Vinni aus Dänemark kennen, die schon seit zwei Jahren unterwegs sind und die Inseln sehr gut kennen. Sie empfehlen zum Abwettern dieser aussergewöhnlichen Wetterlage “Sopers Hole” am Westende von Tortola. Die Bucht ist tief eingeschnitten und von hohen Bergen umgeben. Noch dazu gibt es dort angeblich funktionierendes Internet und die Nutzung der Moorings sei noch kostenlos, so lange sich der Ort im Wiederaufbau befindet. Die Abenteur von Carsten und Vinni kann man übrigens auf svcapri.wordpress.com nachlesen.
So segelt die Zora am 2. März vor einem milden NE unter der Küste von Tortola nach Westen. Der Passat schwächelt bereits, aber das Wasser ist glatt und wir kommen mit ausgebaumtem Klüver mit 4 bis 5 Knoten voran. So lässt sich auch die neue Klüverschot aus St. Martin und die leicht geänderte Schotführung bei ruhigem Wetter testen. Hinter uns ist die Meltemi vom DHH unterwegs, die heute in der Nähe von Road Town einen Crewwechsel hat. Parallel läuft eine blaue Yacht aus Holland, die wie eine Koopmans aussieht. Aber sowohl die 50 Fuß Meltemi als auch die etwa gleich große blaue Koopmans bleiben in Zoras Kielwasser zurück. Unser Schiff ist einfach gut drauf heute!

Überbleibsel am Strand von Hurricane Irma in Trellis Bay, Tortola

In Sopers Hole erwartet uns das gleiche Bild wie überall hier auf den Inseln: Häuser ohne Dächer, Boote ohne Masten am Strand verstreut, weggerissene Piers, enthauptete Palmen. Gesa ist deprimiert und möchte gleich wieder weg. Aber wir haben keine Wahl: Hier können wir während der nächsten Tage mit dem unsicheren Wetter gut liegen und für die benachbarten US Virgin Islands fehlt uns das Visum. Die Tatsache, dass man tatsächlich bei Enreise mit dem eigenen Schiff noch ein Visum benötigt, obwohl das zum Beispiel bei Einreise mit dem Flugzeug nicht mehr
nötig ist, haben wir bei unseren Vorbereitungen übersehen. Nun müssen wir den sogenannten Fährentrick anwenden: Einmal mit Fähre von Tortola, BVI, nach St. Thomas, USVI, und dabei den sogenannten VISA Waiver im Pass vermerkt bekommen. Dann darf man rein in die gelobten US of A! Die Alternative: Ins nächste Konsulat nach Barbados und dor t ein Visum beantragan. Da kommt uns die kleine Zwangspause wegen Westwind und Monsterschwell ganz gelegen.
Allerdings scheitert unser erster Versuch mit dem Fährentrick: Der auch noch notwendige elektronische ESTA Antrag, war für Gesa nicht durchgegangen. Leider hatten wir das nicht mitbekommen, denn die email mit der entsprechenden Info war in Gesas Spam Folder gelandet, den wir ohne Gesa Laptop nicht einsehen können. Eine Taxifahrt nach Road Town hin und zurück für 56 Dollar ist damit umsonst. Allerdings kaufen wir in Road Town noch einmal im Supermarkt ein. Das Angebot ist mäßig, die Preise dafür astronomisch. Bei 16 Dollar für 250g Kaffee sattelt der Skipper erst einmal auf die Ostriesenmischung um, die sich noch reichlich an Bord befindet.

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *