Die Helden von Toplicht oder die Freuden von Petroleum

Sendung aus Hamburg-Bahrenfeld nach Point-à-Pitre mit Ledermanschette für den Taylor Petroleumkocher

Der Skipper erinnert sich an folgende Begebenheit von vor vielen, vielen Jahren: Mit einer alten kleinen Holzyacht war die ganze Familie, zwei Erwachsene und vier Kinder, Anfang Oktober auf der Elbe nach Cuxhaven gesegelt. Eigentlich sollte es durchs Watt nach Büsum gehen, oder, falls das Wetter ein Einsehen haben sollte, gar um die Sände herum in die Eider. Aber das Wetter war so, wie es um diese Jahreszeit in Norddeutschland eben ist: An eine Reise durch die Außenelbe war mit diesem Schiff und dieser Crew nicht zu denken.

Noch dazu muckte der sonst eigentlich ganz zuverlässige Primus Petroleumkocher und das Essen für die vielen hungrigen Mäuler an Bord konnte nur noch auf einer Flamme zubereitet werden. Nun gab (und gibt) es in Cuxhaven einen großen Schiffsausrüster am Fischereihafen. Dem Vater und Skipper war somit nicht bange, dass man ein geeignetes Ersatzteil für den Kocher dort beschaffen könne. Doch weit gefehlt: Auf die Frage nach einer Ventilnadel für einen Primuskocher antwortete der ansonsten sehr freundliche und umgängliche Verkäufer: “So´n Schiet hebb wi nich mehr. In Medem dor kanns du welche finn. De hebb de Lüt buten geworfen!” Trotz dieser Erfahrung wurde viele Jahre auf der guten alten Mollymauk mit Petroleum gekocht und der Ruß an der Decke der winzigen Pantry im Winter mit Ammoniak beseitigt.
Als wir im Frühjahr 2014 der alten hölzernen Dame Lebewohl sagten und auf die für unsere Verhältnisse riesige Rode Zora umzogen, schreckte uns dann auch nicht der dort eingebaute Petroleumkocher. Ganz im Gegenteil: Denn das war kein 50 Jahre altes Teil aus weißem Emaille mit allerlei abgesprungenen Ecken. Nein, an Bord von Rode Zora gibt es einen echten Taylor aus Edelstahl und Messing, kardanisch aufgehängt, getrenntem 15l Petroleumtank und einem Backofen. Einen solchen Kocher findet man zum Beispiel als eines der Ausstellungsstücke bei der Firma Toplicht in Bahrenfeld, wo dann allerdings auch ein sehr beachtliches Preisschild daran baumelt.
Die ersten Erfahrungen mit unserem neuen Kocher waren allerdings gemischter Natur: Die Kinder, inzwischen junge Erwachsene und gute Segler, konnten zwar das große neue Schiff sicher durch Hollands Kanäle steuern, aber beim ersten Kontakt mit dem Taylor wäre die Zora um ein Haar ein Totalschaden geworden. Nur der beherzte Einsatz des Feuerlöschers durch den zukünftigen Schwiegersohn rettete das Schiff. Allerdings war danach ein halber Tag Putzen notwendig und beim Eintreffen des Skippers kochten die Kartoffeln vorsichtshalber auf dem Dieselofen (was selbst an einem Apriltag in Holland den Salon auf sehr mollige Temperaturen bringt).
Eine Überholung und sorgfältige Einweisung der Crew in die Feinheiten des Petroleumkochens folgte und wir konnten danach unbeschwert eine Reise durch die Ostsee bis nach Oslo unternehmen, ohne dass das Schiff in Flammen aufging oder die Mägen knurren mussten. Erst die Reise im folgenden Jahr durch die Nordsee nach Schottland und zurück über Norwegen offenbarte ein neues Problem: Die in Hamburg gebunkerten 15l Edelpetroleum mit dem Name “Esso Blue”, in Hamburg sehr bequem bei Toplicht zu bekommen, waren nach ausgiebigem Backen und Kochen der Damencrew in Norwegens Fjorden aufgebraucht und die anreisende Herrencrew mit Skipper Jakob verbrachte 2 Tage erfolglos auf der Suche nach Ersatz in Norwegens Hafenstädten. Die Firma Toplicht rettete den Segeltörn, indem sie 10l Petroleum per Expressfracht nach Haugesund ins dortige Touristenbüro expedierte und der hungrigen Crew die warmen Mahlzeiten sicherte.
Für die lange Reise über den Atlantik und zurück war also sorgfältige Planung nötig: Der Kocher wurde noch einmal ordentlich überholt, die Brenner wurden gegen die inzwischen erhältlichen und sehr zuverlässigen Hansabrenner ausgetauscht, drei zusätzliche vollständige Hansabrenner kamen ins Ersatzteillager und 50l Petroleum wurden an Bord genommen. Eine Freundin kommentierte das mit den Worten, wir müssten jetzt eine rote Flagge fahren, denn wir seien ein Gefahrguttransporter. Von diesen 50l Petroleum waren auch noch 20 Liter an Bord als die Karibikcrew in Martinique das Schiff übernahm. Dass diese Menge nicht bis Hamburg reichen würde, war natürlich klar, aber irgendwo zwischen Fort-de-France und Santo Domingo würde sich bestimmt etwas auftreiben lassen. Zur Not könnte man auch mit “Jet-Fuel” kochen, war der Tipp eines Petroleumspezialisten in Hamburg.
Und in der Tat: In einem riesigen Carrefour auf Martinique fand der Skipper tatsächlich Kanister mit der Aufschrift “Pétrole” und einem Bild eines Petroleumofens…
Doch was musste der Skipper bemerken, nachdem die kostbare Flüssigkeit aus Martinique (deren Preis in der Tat den von Rum übersteigt) in den Tank gefüllt war? Die Druckpumpe, noch vor Abreise überholt, funktioniert nicht mehr: Sowohl die kleine Ledermanschette am Pumpenkolben als auch das Druckventil am Fuß erfüllten nicht mehr ihren Dienst. Es ließ sich kaum Druck aufbauen und der wenige erreichte Druck ließ Petroleum am Pumpenschaft nach oben spritzen.
Was tut der genervte Skipper in dieser Lage? Er schreibt eine Email an Toplicht mit der Bitte um Ersatzteile, denn ausgerechnet diese kleine Ledermanschette ist natürlich nicht im Ersatzteillager und ebenso nicht das Bodenventil. Eine Suche in einem der lokalen Ausrüster muss man erst gar nicht versuchen. So kommt die kleine Ledermanschette zuverlässig und schnell von Toplicht versandt per Post in die Marina auf Guadeloupe und das Bodenventil wird mit einer Feder aus einem Kugelschreiber und einem Stück Gummi von einem O-Ring aus der Grabbelkiste repariert. Nun faucht er wieder unser Taylor, läßt Wasser in wenigen Minuten zum Kochen kommen und sorgt auch für frisches Brot und köstliche Aufläufe aus dem Backofen. Ein Hoch auf Petroleum und auf die Helden von Toplicht!

P. S. Neulich lief uns ein Amerikaner über den Weg mit völlig verklärtem Gesicht, weil es ihm gelungen war seine Gasflasche vor Ort befüllen zu lassen. Seine Worte: “I managed something great today”.

One Reply to “Die Helden von Toplicht oder die Freuden von Petroleum”

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *